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Rezension | Mr. Parnassus’ Heim für magisch Begabte

Rezension | Mr. Parnassus’ Heim für magisch Begabte

Müsste ich Mr. Parnassus’ Heim für magisch Begabte mit einem Begriff beschreiben, so wäre dieser ‘Wohlfühlbuch’.

Mit viel Witz erzählt, begleiten wir zu Beginn der Geschichte den Sachbearbeiter Mr. Baker durch seinen tristen Arbeitsalltag. Für die Behörde für die Betreuung magischer Minderjähriger (BBMM) besucht und beurteilt er Waisenhäuser beziehungsweise Heime, in denen Kinder mit magischen Kräften leben. Auf seine Empfehlung hin bleiben diese Heime dann entweder bestehen oder werden geschlossen. Aber was in diesem Fall mit den Kindern geschieht, weiß Mr. Baker gar nicht so genau. Schließlich ist er ‘bloß Sachbearbeiter’. Und das sagt sehr viel über den Mr. Baker aus, den wir zu Beginn des Buchs kennenlernen.

Der arme Mann sieht sich mit den leider gängigen, unangenehmen Fragen konfrontiert, den die Gesellschaft wohl guten Gewissens Menschen im mittleren Alter stellt, die a) alleinstehend sind, b) deren Lebensinhalt aus ihrem Beruf besteht, c) unglücklich wirken und dennoch darauf beharren, dass alles ok sei.

Dabei ist Mr. Baker kein schlechter Kerl. Er ist gutmütig, lieb, stellt sein eigenes Licht leider sehr oft unter den Scheffel. Er führt uns mit seiner sehr liebenswürdigen Art die ein oder andere eigene Macke vor Augen und macht uns (schmerzlichst) bewusst, dass das Leben eben nicht nur aus Arbeit besteht – dass man es genießen sollte, statt ständig ‘zu beschäftigt’ zu sein.

Aber apropos Arbeit: Eines schönen Morgens führt ihn diese auf eine abgelegene Insel im blauen, blauen Meer. Einem Meer, das zu besuchen der liebe Mr. Baker schon lange geträumt hat. Er soll im Auftrag des Allerhöchsten Managements der BBMM ein Waisenhaus voll ungewöhnlicher, fast schon gefürchteter Kinder besuchen und über mehrere Wochen beobachten. In seinen Berichten soll er dem Management kleinlichst schildern, was sich im Waisenhaus ereignet und schlussendlich sagen, ob es geschlossen werden oder weiter fortbestehen soll.

Mr. Baker ist anfangs gar nicht begeistert, aus seinem Alltag gerissen zu werden. Genauso wenig wie seine äußerst mürrische Katze Calliope, die im Allgemeinen “keine Meinung” hat.

Wieso sind die magisch begabten Kinder so besonders? Und welches Geheimnis umgibt die Insel im tiefblauen Meer? Schockiert stellt Mr. Baker bei seiner Ankunft fest, dass er eigentlich nichts über seinen Auftrag, geschweige denn das Waisenhaus weiß. Umso schlimmer, dass auch der mysteriöse Heimleiter Mr. Parnassus ein Rätsel für unseren unscheinbaren Protagonisten ist, in dem doch so viel mehr steckt, als es äußerlich den Anschein hat.

Für Mr. Baker beginnt ein Abenteuer voller Überraschungen, Geheimnisse, die es aufzudecken gilt, Kinderlachen, bunter Farben und – Vorurteile. Denn magisch begabten Menschen wird in Mr. Bakers Welt mit Angst, Hass, Verständnislosigkeit begegnet.

T. J. Klune gelingt mit Mr. Parnassus’ Heim für magisch Begabte ein cleveres, humorvolles Buch, das zauberhaft geschrieben ist und es gleichzeitig schafft, den Bogen zu marginalisierten Gruppen in unserer Gesellschaft zu schlagen. Kritisch Privilegierung hinterfragt. Von systematischen Vorurteilen spricht und uns vor Augen führt, wie sehr (und wie unwillkürlich manchmal) wir doch von unseren eigenen vorgefassten Meinungen geprägt sind.

Ein wahres Wohlfühlbuch für mich also, das meiner Meinung nach so viel mehr schafft, als bloß eine schöne Geschichte zu erzählen. Weil es anregt, nachzudenken und kritisch zu sein. Darin und in den wirklich entzückenden, sympathischen Persönlichkeiten aller Charaktere – magische wie nicht-magische, aber ganz besonders die Kinder – liegt meiner Meinung nach der wahre Zauber dieses Buchs!

 

Eine Rezension von Melanie Balbo (07.07.2021)

Heyne

480 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur

ISBN: 978-3-453-32136-6   

Preis: 14,99€

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